Gestaltungsprinzipien

Im Idealfall kommen diese sechs didaktischen Prinzipien in allen Ausbildungsbereichen zum Einsatz. Damit wird eine transcurriculare und transdisziplinäre Kohärenz sichergestellt, die den angehenden Sprachenlehrpersonen ermöglicht, den Nutzen dieser didaktischen Prinzipien konkret und wiederholt zu erfahren und zu verstehen. Dadurch werden sie für die spätere Umsetzung dieser Ansätze im eigenen Unterricht angeregt und vorbereitet.

Im Folgenden werden die sechs Gestaltungsprinzipien kurz erläutert (vgl. dazu diese Abbildung).

Die sprachenübergreifende Didaktik ist ein tragendes Element. Sie kombiniert zwei der pluralen Ansätze gemäss REPA/CARAP, nämlich die integrative Sprachendidaktik sowie den Bereich der Interkomprehension. In der sprachenübergreifenden Fachdidaktik werden Kernelemente einer aktuellen (Fremd)sprachendidaktik (wie z.B. Mehrsprachigkeitsdidaktik für die Zielstufe, Handlungs- und Inhaltsorientierung, Immersion, CLIL, förderorientierte Beurteilung, etc.) sprachenübergreifend für Studierende verschiedener Zielsprachen unterrichtet; dasselbe gilt analog für die sprachenübergreifende Fachwissenschaft, wo beispielsweise literaturgeschichtliche Epochen über Sprachgrenzen hinweg analysiert oder Grundlagen der Phonologie, Morphologie oder der Soziolinguistik sprachvergleichend angegangen werden können. Dieser sprachenübergreifende Unterricht, der im folgenden Kapitel genauer beschrieben wird, ist im Grundsatz durch die produktive und rezeptive Verwendung mehrerer Sprachen in den verschiedenen Ausbildungsbereichen definiert. Bei den Sprachen sind dies in erster Linie die Zielfremdsprachen des Ausbildungsgangs, am Beispiel der Deutschschweiz Englisch, Französisch und Italienisch. Der sprachenübergreifende Unterricht wird gestützt durch Verfahren der integrativen Sprachendidaktik und der Interkomprehension, z.B. zum Scaffolding der Rezeption einer zweiten romanischen Fremdsprache.

Dabei werden Methoden eines mehrsprachigen Sachfachunterrichts verwendet, in Abgrenzung zum Prinzip des immersiven (einsprachigen) Hochschulunterrichts, der bei den Fremdsprachen in den meisten Kontexten noch die Regel ist und in der konkreten Umsetzung in Teilen des gesamten Curriculums natürlich weiter existiert, da neben den sprachenübergreifenden Ausbildungsteilen weiterhin auch sprachspezifische Ausbildungsteile bestehen bleiben. Dadurch wird insbesondere vermieden, dass die sprachenübergreifenden Elemente vorwiegend in der lokalen Unterrichtsprache bzw. Schulsprache gestaltet werden, was sowohl der zielsprachlichen wie auch der mehrsprachigen Ausbildung der angehenden Lehrpersonen abträglich wäre.

Gleichzeitig wird die Schulsprache nicht künstlich ausgegrenzt, sondern vielmehr nach dem Prinzip der Sprache in allen Fächern mit einbezogen, da die Schulsprache eine wichtige Funktion im Hinblick auf die Entwicklung mehrsprachiger Kompetenzen hat. Dabei soll auch jene Förderung von Sprachbewusstheit geschehen, welche die Studierenden dazu befähigt, eine grundsätzliche Sensibilität für Sprache und Kompetenzen für einen sprachsensiblen Unterricht, insbesondere auch in der Schulsprache und in weiteren Fächern zu erlangen. Dabei geht es z.B. um eine Sensibilität für die sprachlichen Register, die in Schulfächern bzw. wissenschaftlichen Disziplinen verwendet werden (vgl. Beese et al. 2014; Böing & Palmen 2012). Die Förderung von Sprachbewusstheit befähigt die Studierenden zum intensiven Einsatz sprachenvergleichender Methoden in den sprachlichen Fächern, z.B. im Bereich Eveil aux langues. In diesem Bereich werden weitere relevante Sprachen, darunter insbesondere die bei Studierenden sowie Lernenden auf der schulischen Zielstufe dominanten Herkunftssprachen (z.B. Türkisch, südslawische Sprachen, Albanisch) mit berücksichtigt.

Durch das Erleben von Sprache als Medium kultureller Inhalte werden dabei auch die interkulturellen Kompetenzen der Studierenden gefördert. Ganz im Sinne einer europäischen Mehrsprachigkeitsperspektive (COM 2008) sollen dabei auch Landesprachen mitberücksichtigt werden, die von den meisten Studierenden nicht als Unterrichtsprachen gewählt werden (z.B. Italienisch), sowie auch weitere Sprachen, darunter wiederum die Migrationssprachen. Die vergleichende Auseinandersetzung mit kulturellen, didaktischen und pädagogischen Inhalten in verschiedenen Zielsprachen kann auch zu Erkenntnissen führen, welche Bereiche innerhalb einer Disziplin sprach- und kulturübergreifend gestaltet werden können und welche Bereiche eher sprach- und kulturspezifisch sind, was Bertschy in Analogie zur sprachlichen Interkomprehension als «pädagogische und didaktische Interkomprehension» (Bertschy 2007, 233) bezeichnet.

Ein weiterer wichtiger Eckpfeiler einer mehrsprachigen Ausbildung, welche schulisches und ausserschulisches Lernen verbindet, ist die Austausch- und Begegnungsdidaktik. Austauschaktivitäten, virtuelle Begegnungen mit Zielsprachensprechern oder Begegnungen in Form von Austauschsemestern, Sprachaufenthalten oder Sprachassistenzen ermöglichen den Gebrauch der Zielsprache(n) in authentischen Kommunikationssituationen. Sie dienen unter anderem prominent dem gezielten Aufbau von allgemeinen, aber auch berufsspezifischen Sprachkompetenzen sowie von interkulturellen Kompetenzen. Im Sinne einer horizontalen didaktischen Kohärenz sollen diese Austauschgefässe in den fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Modulen der Ausbildung vorbereitet und nachbereitet werden. Nach Möglichkeit sind auch Verbindungen zur berufspraktischen Ausbildung anzustreben, beispielsweise durch ein Praktikum in einem zielsprachigen Gebiet. In Ausbildungsgängen, in denen ein Sprachaustausch oder ein Fremdsprachenassistenzpraktikum nicht realisierbar sind, ist eine Förderung interkultureller Handlungsfähigkeit und Bewusstheit durch Module an der Heiminstitution anzustreben, welche auf Mehrsprachigkeit und Interkulturalität z.B. durch Internationalisierung abzielen (vgl. auch Kapitel 4.2 unten).

Ziel ist es, mit diesen nach Möglichkeit konvergent in allen Ausbildungsbereichen anzuwendenden sechs didaktischen Gestaltungsprinzipien das Wissen, die Einstellungen/Haltungen und die Fertigkeiten der angehenden Lehrpersonen im Bereich der mehrsprachigen und interkulturellen Handlungsfähigkeit nachhaltig zu fördern. Dadurch sollen sie sich selber als Expert/innen für Mehrsprachigkeit und Interkulturalität wahrnehmen und als solche agieren können.