Begriffsbestimmung und Kommunikationsstruktur

 

Begriffsbestimmung

Der Begriff ‚Sozialformen‘ wurde 1964 durch Wolfgang Schulz eingeführt (sog. Berliner Modell [der Didaktik]). Schulz fasst unter diesem Begriff alle didaktisch-methodischen Entscheidungen in Bezug auf die Gruppen- und Raumstruktur im Unterricht zusammen. Sozialform ist einer der wenigen Begriffe, die heute noch auch in unterschiedlichen didaktischen Theorien in der gleichen Bedeutung verwendet werden.

Hilbert Meyer betont in erster Linie den Beziehungs- und Kommunikationsaspekt der Gruppenstruktur und postuliert:

"Sozialformen regeln die Beziehungs- und Kommunikationsstruktur des Unterrichts (Meyer, 1994). Sie haben eine äussere, räumlich-personal-differenzierende und eine innere, die Kommunikations- und Interaktionsstruktur regelnde Seite".

Raumstruktur
Durch die räumliche Ausstattung, insbesonders die Anordnung der Arbeitsplätze werden Sozialformen weitgehend bestinmmt: Plenum, Einzel-, Zweier- oder Gruppentische, U-Form, Sitzkreis, …

Gruppengrösse
Klasse (16-24); Grossgruppe = Halbklasse (Kleinklasse); Gruppen mit 3-5 Mitgliedern, Zweierteams oder einzelne Individuen

Kommunikationsstruktur
Sozialformen werden durch die Kommunikationsstrukturen geprägt. Sie bestimmen aber umgekehrt auch die Kommunikationsstruktur im Unterricht.

Eine scharfe Unterscheidung von Sozialform, Unterrichtskonzept und methodischer Form ist kaum möglich und für die praktische Arbeit ohne Belang. Im Rahmen der Berufspraktischen Ausbildung PHSG gilt die folgende Sprechweise:

Gruppengrösse Unterrichtskonzept Sozialform

Klasse / Halbklasse
Gruppe
2er-Gruppe / Tandem
Individuum

kursorisch-lehrerzentrierter Unterricht
Gruppenunterricht
offener Unterricht
Gruppenarbeit
Partnerarbeit
Einzelarbeit

 

 

 

 

 

 

Die Begriffe Klassen-, Gruppen-, Partnerarbeit und Klassen-, Gruppen-, Partnerunterricht werden meist synonym verwendet. "Unterricht" impliziert die Einwirkung von aussen (Lehrperson, Lernprogramm) und beschreibt zugleich ein Unterrichtskonzept. "Arbeit" meint die Tätigkeit der Lernenden bzw. eine methodische Form.

Unter Einzelunterricht versteht man heute in der Schweiz Privatunterricht als Gegensatz zur öffentlichen Schule.

Meyer, H. (1996). Unterrichtsmethoden I: Theorieband. Berlin: Cornelson

 

Kommunikationsstruktur und Sozialformen

Guter Unterricht ist gekennzeichnet durch vielfältige, reichhaltige Kommunikation: Dass wir miteinander reden können, macht uns zu Menschen (Erich Fromm!). Sozialformen bestimmen wesentlich das Kommunikationsverhalten (s. Verbale Kommunikation). Allein schon die Sitzordnung regelt, wer mit wem nicht, kaum oder häufig kommunizieren kann. Ebenso rigoros bestimmen Gesprächsregeln das verbale Verhalten der Schülerinnen und Schüler.

 

Sozialformen

 

 

 

 

 

symmetrische
Kommunikation   

 

Kommunikation zwischen gleichgestellten Partnern,  die die gleichen Rechte, Pflichten und Möglichkeiten haben, ein Gespräch zu beginnen, zu steuern oder zu beenden; aber auch Fragen zu stellen, Erklärungen abzugeben oder das Verhalten der Teilnehmenden zu beeinflussen.
asymmetrische
Kommunikation

Die oben aufgeführten Rechte und Möglichkeiten liegen in der Entscheidungsbefugnis einer oder mehrerer Personen der Gruppe.