Lehrerinnen-/Lehrervortrag

Lehrpersonen können etwas und wissen viel – sie dürfen dies auch zeigen. Dies kann eindrücklich in Form von Vorträgen und Darbietungen geschehen. Moderne Sprachförderung (PISA!) weist zunehmend auf die Bedeutung von Vorbildern im Bereiche der Kommunikation hin. Erzählen und Vorzeigen sind Grundformen des Lehrens. (Aebli)

«Das Erzählen ist die ursprüngliche Art der Begegnung. Wenn wir jemandem bei einer Erzählung zuhören, kennen wir nicht nur die Geschichte, sondern ebenso sehr den Menschen. […] Erzählungen haben als Kern handelnde Menschen, sie schildern ihr Tun und Leiden. Im Zusammenhang des Unterrichts ist dabei häufig die Szene, auf der dieses geschieht, ebenso wichtig oder wichtiger als die darin ablaufende Episode. Der Geschichtslehrer, der von George Washington erzählt, meint eigentlich die Kolonie, die sich von der britischen Krone emanzipiert und sich anschickt, ein freies Land zu werden, und er meint das ausgehende 18. Jahrhundert in der neuen Welt. […] Die Erzählung wird lebendig, weil sie aus der lebendigen Vorstellung des Erzählers heraus erzeugt wird.»

(Aebli, Zwölf Grundformen des Lehrens; 1989 S. 36/37)

 

Wozu Kurzvorträge?


Eigentliche längere Vorträge sind in der Volksschule zumeist fehl am Platz, ausser allenfalls an Elternabenden und in Weiterbildungen.

Wozu Kurzvorträge?
Kurzvorträge/Informationsinputs hingegen sind ein zentrales Informations- und Steuerungswerkzeug von Lehrpersonen. Im Unterricht dienen Kurz(!) -Vorträge dazu, in kompakter, klarer und anregender Form einen Sachverhalt einzuführen bzw. ihn zu klären.
 

Informieren statt „fragend erarbeiten“
Kurzvorträge/Informationsinputs verflüssigen den Unterricht, weil sie schnell zum Wesentlichen kommen und den Schülern und Schülerinnen anschliessend genügend Zeit lassen, sich selber aktiv mit der Sache auseinanderzusetzen. Ein pseudo-dialogisches Erarbeiten im Frage-Antwort-Spiel hingegen schafft selten Klarheit und verwirrt eher. Die Fragen von Lehrpersonen sind oft in guter Absicht gestellt und wollen die Schülerinnen und Schüler zum Denken anregen, doch oft entsteht ein langfädiger und zäher Unterricht mit wenig wirklicher Schülerinnen- und Schüleraktivität.
 

Verhängnisvoller Verzicht
Umgekehrt lässt sich sagen: Der Verzicht auf richtig eingesetzte und professionell gestaltete Kurzvorträge kann die Unterrichtsqualität erheblich mindern, denn die Schülerinnen und Schüler können nicht hinreichend vom sachgerechten und kompakten Erklären durch eine kompetente Lehrperson profitieren:

  • Wenn die Lehrperson immer wieder je einzeln erklärt, selbst wenn ein Input für mehrere oder alle Schülerinnen und Schüler möglich wäre, verkürzt sich für die einzelnen Schülerinnen und Schüler die Gesamtzeit, in der sie Erklärungen erhalten.
  • Wenn es um gut strukturierte Sachverhalte und Fertigkeiten geht, die sich die Schülerinnen und Schüler aneignen sollen, sind professionelle Inputs der Lehrperson sehr wichtig und wirkungsvoll. Wenn die Lehrperson ihr Know-how in solchen Fällen zurückbehalt, ist das Selber-Erarbeiten her demotivierend und nicht selten eine Zeitverschwendung.
     

Zum guten Referieren, Vortragen und Darbieten gibt es zahlreiche Forschungsbefunde: es liegen Konzepte und Befunde vor über die wirkungsvolle Gestaltung und Formulierung von Inputs sowie über das Vortragen und den Hilfsmitteleinsatz (z.B. Dubs 1995, Gasser 2003, Gage & Berliner 1996).
 

Mögliche Aktivitäten
Eine erste Input-Übung: Stellen Sie sich vor (einer Klasse, einer Gruppe), und erzählen Sie etwas Persönliches von sich. Planen Sie drei Minuten Redezeit. Tipps:

  • Überlegen Sie sich, wie Ihre Vorstellung möglichst anschaulich und der Stufe entsprechend zu gestalten ist.
  • Beziehen Sie die Hinweise auf diesen Seiten in die Vorbereitung ein.
  • Bestimmen Sie, ob/welche/wie viele Fragen Sie beantworten wollen.
  • Üben Sie Ihren Auftritt.

 Das Kürzest-Rezept für Inputs
Nur sehr gute Informationsinputs und Kurzvorträge haben die gewünschte Wirkung. Sie haben drei Hauptmerkmale:

  • kurz (maximal 6 Minuten)
  • klar (alles verständlich ohne Rückfragen)
  • lebendig (abwechslungsreich, stimulierend)

 

 Berner, H., Fraefel, U. + Zumsteg, B. (Hrsg.). (2011) Didaktisch handeln und denken 1. Fokus angeleitetes Lernen. S. 138-139. Zürich: Pestalozzianum.

 

Qualitätskriterien für Lehrervorträge: Das Hamburger Verständlichkeitskonzept

lnghard Langer entwickelte in den 1970er-Jahren zusammen mit Friedemann Schulz v. Thun und Reinhard Tausch das «Hamburger Verständlichkeitskonzept».

Es wurde seither eine der meistzitierten Anleitungen zum verständlichen Referieren und Verfassen von Texten. Texte, die nach diesem Konzept gestaltet wurden, hatten z.T. eine Verdoppelung der Verständnis- und Behaltensleistungen von Lesern (Erwachsenen und Schülern) zur Folge. lnghard Langer fasst hier das Konzept in Kürze zusammen.

 „Das Hamburger Verständlichkeitskonzept wurde anhand von schriftlichen Informationen erarbeitet, die sich an einen breiten Leserkreis wenden. Verwendet wurden Schulbuchtexte, Gebrauchsanweisungen, Begriffserklärungen, Zeitungsartikel, amtliche Bekanntmachungen, allgemeine Vertragstexte, allgemein interessierende Gesetzestexte usw. Nach bisherigen Erfahrungen ist das Konzept auch gut auf mündliche Informationen anwendbar. Jedoch kommen beim Sprechen noch starke Einflüsse durch Stimme, Sprechweise und Körperausdruck (Mimik, Gestik) hinzu.

Zu dem Konzept gehört Wissen um die verständliche Textgestaltung und Wissen um die wirksame Vermittlung der Fähigkeit zur verständlichen Textgestaltung. Beidem dienen drei Wege.

  • Beschreiben der wesentlichen Eigenschaften einer verständlichen sprachlichen Darstellung.
  • Zeigen der wesentlichen Verständlichkeitseigenschaften.
  • Üben im Wahrnehmen und Verwirklichen der wesentlichen Verständlichkeitseigenschaften.

Das notwendige Wissen zu jedem dieser Wege beruht auf empirischen Untersuchungen.

Die wesentlichen Eigenschaften einer verständlichen sprachlichen Darstellung

Auf vier Eigenschaften kommt es an:

 Einfachheit

  • Wähle geläufige Wörter.
  • Erkläre Fachwörter.
  • Benutze einfach aufgebaute Sätze, keine Schachtelsätze.
  • Bleibe konkret und anschaulich (lasse den Leser bzw. Zuhörer sprachlich so nah wie möglich an den dargestellten Sachverhalt herankommen).   

 

Gliederung-Ordnung

  • Gib zu Beginn einen Überblick und weise den Leser darauf hin, worauf es ankommt.
  • Gib die Informationen folgerichtig, bilde Abschnitte, und ordne sie übersichtlich an.
  • Hebe Wichtiges hervor.

 

Kürze-Prägnanz

  • Beschränke dich auf die wesentlichen Informationen, und bringe sie auf den Punkt.

 

Zusätzliche Anregung

  • Sprich den Leser (oder Zuhörer) persönlich an.
  • Lass den Sachverhalt lebendig werden durch Beispiele, wörtliche Rede, Abbildungen.
  • Lass auch mal Humor und Spass zu Wort kommen.

 

Einfachheit und Gliederung-Ordnung sind die wichtigsten Verständlichmacher. Von ihnen ist so viel wie möglich zu verwirklichen. Gliederung-Ordnung darf aber nicht mit einer äusserlichen Zergliederung (z.B. 1.1.1.1.1.3 usw.) verwechselt werden.

Kürze-Prägnanz darf nicht auf die Spitze getrieben werden; dies wirkt sich wieder ungünstig aus.

Zusätzliche Anregung darf ebenfalls nicht zu viel eingesetzt werden. Sie lenkt leicht vom Wesentlichen ab und setzt daher gute Gliederung-Ordnung voraus. Auch geht sie leicht auf Kosten von Kürze-Prägnanz.“

 (Auszug aus: Fittkau, B. (1993). Pädagogisch-psychologische Hilfen für Erziehung, Unterricht und Beratung, in 2 Bdn., Bd. 2. © Hahner Verlag, Aachen.)

Berner, H., Fraefel, U. + Zumsteg, B. (Hrsg.). (2011) Didaktisch handeln und denken 1. Fokus angeleitetes Lernen. S. 141-142. Zürich: Pestalozzianum.

 

Ratschläge für die Vorbereitung eines Lehrervortrags
 

1. Machen Sie sich zu Hause einen Spickzettel mit den wichtigsten Stichworten, Zahlen, Gliederungspunkten.
2. Bereiten Sie den Vortrag zu Hause gründlich vor!
Stoppen Sie die benötigte Zeit und denken Sie daran, dass das Vortragen im Klassenraum meistens länger dauert.
3. Nehmen Sie während des Vortrags Blickkontakt mit den Schülern auf! Dann können Sie auch am ehesten spüren, ob Sie Ihre Schüler über- oder unterfordern.
4. Denken Sie daran, dass die Schüler nach erstmaligem Anhören der von Ihnen gebotenen Informations-Kost unmöglich gleich alles kapiert haben können!
(Ein Lerntheoretiker hat einmal ausgerechnet, dass ein Text mit normalem Schwierigkeitsgrad von durchschnittlich intelligenten Menschen insgesamt 21 x gehört werden muss, bevor die in ihm enthaltenen Informationen vollständig gespeichert sind.)
5. Überlegen Sie sich vorher, wie die Ergebnissicherung Ihres Vortrags gestaltet werden soll: Tafeltext? (Soll er abgeschrieben werden?)
Protokoll auf Merkblatt, das der Lehrer fertig mitbringt? Mündliche Ergebnissicherung?
6. Achten Sie auf die Altersangemessenheit der Wortwahl. Schüler reagieren zumeist sehr sensibel, wenn ein Thema zu kindlich dargeboten wird.

 

Beispiele:

  • Die erste Entdeckungsfahrt des Kolumbus (R+Z, Geschichte)
  • Wie sich die Pflanzen des Mittelmeerraumes an die klimatischen Verhältnisse angepasst    haben (R+Z, Geografie)
  • Die Entdeckung der galileischen Monde und ihr Einfluss auf das Weltbild (R+Z, Geografie)
  • Auswirkungen der Werbung auf das Kaufverhalten Jugendlicher (Deutsch)
  • Einfluss des Englisch auf die deutsche Sprache (Englisch / Deutsch)
  • Biografie Wolfgang Borchert (Deutsch)
  • Geschichte der  Zahl Pi (Geometrie)
  • Höhentrainings im Spitzensport (N+T, Menschenkunde)
  • Künstliche Intelligenz (Informatik)
  • Wie entsteht Erdöl ? (N+T, Chemie)
  • Wer war Woodie Guthrie (Musik)

 

(Weiterführende Literatur, als Handreichung für die Seminarübung «Lehrervortrag» /  vgl. Meyer Hilbert, Unterrichtsmethoden Praxisband II, 1987, S. 296-299)

Beurteilung Lehrervortrag